Die Lehre von der Bewegung
Das Wort Kinesiologie kommt aus dem Griechischen und bedeutet Lehre von der Bewegung. Grundsätzlich geht es hier jedoch nicht um eine Bewegungstherapie. Kinesiologie ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Verfahren, bei denen der so genannte Kinesiologische Muskeltest Anwendung findet. Ein amerikanischer Arzt und Chiroprakti-ker, George Goodheart, hat Anfang der Siebzigerjahre herausgefunden, dass sämtliche Einflüsse auf den Organismus Auswirkungen auf den Bewegungsapparat haben. Daraufhin hat er ein Testverfahren entwickelt, mit dem nicht nur Einflüsse, die Störungen im Organismus verursachen, herausgefunden werden können, sondern auch Einflüsse, die solche Störungen beseitigen. Bei diesem Testverfahren wird nicht die Funktion eines Muskels überprüft, sondern sein Spannungszustand, und zwar im Verhältnis zu seiner momentanen Länge.
Schädliche Einflüsse verändern dieses Verhältnis und dieser sogenannte Muskeltonus wird entweder zu stark oder zu schwach. Förderliche Einflüsse bringen dieses Verhältnis wieder ins Gleichgewicht. Sämtliche Sinneseindrücke und Empfindungen, die das Nervensystem im Laufe des Lebens registriert, werden im Unterbewusstsein als Erfahrungen gespeichert. Auch diejenigen, die nicht in unser Bewusstsein gedrungen sind. (Würden sämtliche Eindrücke, die unsere Sinnesorgane in jedem Moment aufnehmen, bis in unser Bewusstsein vordringen, wären wir total überfordert.) Aber das Unterbewusstsein kann sich an alles erinnern, und so eine unterbewusste Erinnerung genügt, um im Nervensystem die gleichen Reaktionen auszulösen wie bei einem tatsächliche Erlebnis. Zu diesen Reaktionen gehört auch die Spannungsveränderung der Muskulatur. Daher lassen sich mit dem Muskeltest auch die Ursachen unterbewusster Erfahrungen aufdecken.
Das Ausschlagen einer Wünschelrute, eines Bio-Tensors oder eines Pendels beruht vermutlich ebenfalls auf unbewussten Spannungsveränderungen in den Fingermuskeln. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Muskeltest auch Einflüsse anzeigt, die von unseren Sinnen nicht wahrgenommen werden, weil sie sich nicht auf das Zentralnervensystem auswirken, sondern nur auf das Autonome Nervensystem. Solche schädliche Einflüsse machen sich erst nach einiger Zeit durch Funktionsstörungen im Organismus bemerkbar. Es handelt sich dabei um die Unverträglichkeit von Nahrungs- oder Genussmitteln, den Mangel an Vitaminen oder Spurenelementen, Belastungen durch Schwermetalle, Giftstoffe oder Lösungsmittel, Störungen durch Wasseradern oder Erdstrahlen, sowie Auswirkungen von Elektrosmog (Hochspannungsleitungen, Mobilfunk, Leuchtstoffröhren usw.)
Erst durch das Misslingen eines solchen Versuches erfährt ein Kind andere, neue Sinneseindrücke und Empfindungen, die neue Erwartungen wecken und den Ansporn zu weiteren Versuchen auslösen. Diese Spirale der Motivation ist die wichtigste Voraussetzung für die körperliche und geistige Entwicklung eines Menschen (bedenken Sie, wie oft ein Kind umfallen und sich wieder aufrichten muss, bevor es seinen Körper bei jeder Bewegung im Gleichgewicht halten kann).
Andererseits ist es überlebensnotwendig und deshalb auch naturgegeben, dass ein Versuch, der unangenehme oder gar schmerzliche Empfindungen zur Folge hat, niemals freiwillig wiederholt wird. (Nur ein gebranntes Kind scheut das Feuer.) Deshalb bestimmt alles das, was wir auf Grund unserer eigenen Erfahrungen für wahr nehmen, unser persönliches Empfinden, unser Denken, unser Befinden und in weiterer Folge auch unser Verhalten. Ein Beispiel: Eine Person, die bei der ersten Begegnung recht unsympathisch zu sein schien, entpuppt sich beim näheren Kennenlernen als äu-ßerst liebenswerter Mensch. Erklären lässt sich die anfängliche Antipathie damit, dass das Unterbewusstsein beim ersten Eindruck irgend etwas an der äußeren Erscheinung dieser Person mit einer unangenehmen Erfahrung in Zusammenhang gebracht hat. Das hätte zum Beispiel die Form ihrer Nase, ihre Sprechweise oder, rein theoretisch, sogar die Farbe ihrer Socken sein können. Erst durch weitere und angenehme Erfahrungen beim näheren Kennenlernen wurde dieser Sinneseindruck gleichsam neutralisiert und weckt nun keine unangenehme Empfindung mehr. Auf Grund dieser Erkenntnisse wurden verschiedene kinesiologische Verfahren entwickelt, die problembelasteten Menschen positive Erfahrungen vermitteln (durch die schmerzliche Erfahrungen zwar nicht gelöscht, aber neutralisiert werden) oder sie beim Nachholen fehlender Erfahrungen (Entwicklungsdefiziten) unterstützen können. Mittlerweile ist hinlänglich bewiesen, dass sich dadurch eine Menge persönlicher Probleme beheben lassen.
Zum Beispiel:
Weil durch die Arbeit des Kinesiologen das seelische und körperliche Gleichgewicht seines Klienten wieder hergestellt werden kann, bezeichnet man seine Tätigkeit als BALANCIEREN und die jeweilige Arbeitseinheit als BALANCE.
Mit Kinesiologie kann man nur dann etwas ausrichten, wenn jemand ein persönliches Problem hat. Solange z. B. der Misserfolg oder das Verhalten eines Kindes ausschließlich das Problem seiner Eltern oder Lehrer ist, lässt sich nichts machen. Wer selbst mit einer Situation kein Problem hat, ist weder bereit noch fähig, etwas daran zu ändern.
Es wäre daher sinnlos, jemandem eine Balance (kinesiologische Einzelsitzung) aufzuzwingen (oder auch nur einzureden).
Trotzdem garantiert die Bereitwilligkeit alleine noch nicht die Bereitschaft zur Veränderung. Es könnte nämlich sein, dass jemand ein unterbewusstes Selbst-Sabotage-Programm entwickelt hat. Dann muss zuerst an diesem Problem gearbeitet werden, bevor das offensichtliche Problem in Angriff genommen werden kann. Stressfreie Arbeitsbedingungen sind unbedingt erforderlich, aber nicht gegeben, wenn jemand unter Zeitdruck steht. Egal, ob das der Klient oder der Kinesiologe ist.
Dieser Artikel erschien in unserem Impuls-Magazin erstmals in der Ausgabe Nr. 22 aus dem Jahre 2009.
Österreichischer Berufsverband für Kinesiologie (ÖBK)
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